Montag, 8. Oktober 2012

Kommunalwahlen in Brasilien: Ergebnis


Rio de Janeiro - Bürgermeister:

Eduardo Paes (PMDB): 64%
Marcelo Freixo (PSOL): 28%

Wie kann man das Ergebnis interpretieren? Aus meiner Sicht war der Wahlkampf in Rio zwischen den beiden Kandidaten polarisiert. Paes konnte dabei von dem Wohlfühlfaktor der Sportgroßereignisse profitieren. Aber die 1.000.000 Stimmen für Freixo sind auch ein Signal, dass es eine große Menge an Unzufriedenen gibt. Für die PSOL, eine junge Partei mit wenig Mitteln, die erst 2004 gegründet wurde, ist das Ergebnis ein riesen Erfolg.
Abgestraft wurde dagegen der Bundestagsabgeordnete Rodrigo Maia, Sohn des ehemaligen Bürgermeisters César Maia, der nicht einmal 3% der Stimmen bekam. Er hatte als Kandidatin auf den Posten des Vize-Bürgermeisters die Tochter des Ex-Govereurs Anthony Garotinho, Clarissa Garotinho, nominiert. Damit hatten sich zwei politische Schwergewichte Rio de Janeiros zusammengetan, hatten aber keinen Erfolg. Ich denke, dass deren Kampagne einfach zu profillos war.

Rio de Janeiro - Stadtrat:

Ganz im Gegensatz dazu wurde Papa César Maia mit 44.000 Stimmen und somit dem drittbesten Ergebnis in den Stadtrat gewählt. Insgesamt kamen Kandidaten von 15 verschiedenen Parteien in den Stadtrat. Paes PMDB – Demokratische Bewegung, eine Art Freie Wähler, wird mit 12 Stadträten die größte Fraktion stellen. Alle anderen Parteien haben höchstens drei Stadträte, so auch die Arbeiterpartei PT und die Sozialdemokraten PSDB. Die Grünen kamen nicht ins Stadtparlament. Freixos PSOL (Sozialisten) dürfte mit seinen zwei Stadträten sehr zufrieden sein. Darunter befindet sich auch Eliomar, der schon seit 2004 auf die Probleme der Sportgroßereignisse, also vor den Panamerikanischen Spielen, aufmerksam macht.  
Von den an Vereine gebundenen Kandidaten, von denen ich bei Spielen Fotos gemacht habe, wurde nur Roberto Monteiro (PCdoB, Kommunistische Partei) gewählt. Inzwischen habe ich herausgefunden, dass er früher Präsident der berüchtigten Ultragruppierung Força Jovem do Vasco war. So konnte er scheinbar seine Wählergemeinde aufbauen. Aber er war auch so geschickt ein Vasco-Plakat und ein neutrales Plakat zu produzieren:



Man brauchte dieses Jahr mindestens 13.740 Stimmen, um gewählt zu werden. Keiner der drei an Flamengo gebundenen Kandidaten hat das geschafft, obwohl Flamengo immer sagt, sie hätten die größte Fanmenge der Welt. Besonders hart dürfte das Patricia Amorim, aktuelle Präsidentin von Flamengo, getroffen haben, denn sie wurde nicht wiedergewählt. Grund dafür könnte sein, dass in den letzten Wochen unappetitliche Details über ihre Amtsführung öffentlich wurden und dass Flamengo ziemlich schlecht in der Tabelle dasteht. Es kann auch von Nachteil sein, wenn man sein Schicksal an eine Fußballmannschaft bindet. Die Flamengofans haben sie wohl abgestraft.

São Paulo - Bürgermeister:

José Serra (PSDB): 30%
Fernando Haddad (PT): 28%
Celso Russomano (PRB): 21%
Gabriel Chalita (PMDB: 13%
Soninha (PPS): 3%

In São Paulo zeigt sich ein ganz anderes Bild als in Rio de Janeiro (Freixos Ergebnis hätte hier zur Stichwahl gereicht). Während des gesamten Wahlkampfes lag Russomano (PRB), ein ehemaliger Fernsehmoderator und Vertreter einer evangelikalen Kirche, in Umfragen, zeitweise weit, vor seinen Kontrahenten. Am Wahltag gab es eine spektakuläre Wende und die Kandidaten José Serra (PSDB) und Fernando Haddad (PT) der etablierten Parteien konnten sich für die Stichwahl am 28.10.12 qualifizieren.
Der Unterschied zu Rio ist aber in erster Linie, dass es eine breite politische Debatte gab, in der sich vier verschiedene ernstzunehmende Kandidaten herausbildeten. Selbst über die fünftplatzierte Soninha (PPS) wurde viel berichtet. Das liegt aber auch daran, dass sie eine beliebte ehemalige Sportjournalisten und MTV-DJ ist, die berühmt wurde als sie öffentlich zugab, dass sie schon einmal Haschisch geraucht hätte.


Die Wahl war überschattet von dem Mensalão (großer Monatslohn) Prozess, der gerade vor Brasiliens höchstem Gericht verhandelt wird. Bei diesem Korruptionsskandal sind besonders Politiker der Arbeiterpartei PT angeklagt. Ich hatte den Eindruck, dass die PT deswegen relativ wenige wichtige Bürgermeisterwahlen für sich entscheiden konnte. Aber ihr wichtigster Kontrahent, die Sozialdemokraten der PSDB, waren auch nicht besonders erfolgreich. Das liegt aber auch daran, dass sich die PSD erst kürzlich von der PSDB abgespalten hat und somit die Partei geschwächt wurde. Brasilien hat 5.568 Kommunen. Davon konnten die vier wichtigsten Parteien folgende Anzahl an Wahlen gewinnen:

PMDB: 885
PSDB: 598
PT: 550
PSD: 426

In 50 Städten kommt es am 28.10.12 zur Stichwahl. Die wichtigste wird sicherlich São Paulo, die größte Stadt Brasiliens, sein.

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