Mittwoch, 28. November 2012

Soccerex, Rio de Janeiro, 24. – 28.11.2012



Ich genieße es sehr im Moment in einer Stadt zu wohnen, die sich auf zwei Sportgroßereignisse vorbereitet. Das führt dazu, dass im Zuge dieser Vorbereitungen verschiedene andere Veranstaltungen nach Rio de Janeiro kommen, die mich etwas mehr hinter die Kulissen des Fußball-Business schauen lassen.
Diese Woche wurde zum Beispiel die größte Fußballmesse der Welt in der Festung der Copacabana durchgeführt. Persönlich finde ich es sehr kurios, dass so etwas, wie eine Fußballmesse existiert. Man könnte meinen, dass man nur ein bisschen Equipment, wie Bälle, Trikots und Schuhe braucht, und dass es natürlich den Spielermarkt gibt, der aber nicht auf Messen stattfindet.
Deshalb mache ich mich auf, um der Frage nachzugehen, was auf einer Fußballmesse angeboten wird. Der Zugang zur Soccerex wurde im Hotel Sofitel am Strand der Copacabana errichtet. Wenn man die Akkreditierung erfolgreich hinter sich gebracht hat, gelangt man über eine extra dafür errichtete Fußgängerbrücke auf die andere Straßenseite in das Messegelände in der Festung. Dieses besteht aus einem Großzelt mit wunderbarer Aussicht auf den Zuckerhut und andere Sehenswürdigkeiten. Visuell hat Rio viel zu bieten. 


In der Halle haben die verschiedenen Anbieter ihre Stände aufgebaut, zwischen denen ich etwas flaniere. Da sind zunächst die Gastgeberstädte der WM 2014. Dann entdecke ich viele Stadionausrüster, wie Hersteller von Stadionsitzen oder Sicherheitsequipment. Sportartikelhersteller sind auch anwesend. Kurios fand ich die Stände von Vereinen aus Argentinien, Brasilien und Südafrika. Verständlich ist auch, dass Sportmarketingfirmen ihre Dienste anbieten.
Brasilien hat sich das Austragungsrecht verschiedener Sportereignisse schon gesichert, aber andere wollen folgen und präsentieren sich auf der Soccerex. So will die Türkei ihren Ambitionen auf die Euro und die Olympischen Spiele mit einem prunkvollem Stand Nachdruck verleihen. Der spanische Verband bietet seine Fußballstruktur für Trainingscamps an. Ähnliches macht die Stadt Canoas in Südbrasilien, die zwar kein WM-Standort ist, aber als Trainingsort für eine Nationalmannschaft bereit steht.


Im hinteren Teil des Zeltes befindet sich ein Saal für Vorträge und Diskussionen, wo ich eine Präsentation einiger WM-Städte verfolge. Außerdem gibt es mehrere Lounges, Restaurants und Cafés für das berühmte Networking. Insgesamt ist die Messe eine Gelegenheit, um Kontakte zu knüpfen, so treffe ich mehrere ehemalige Spieler, einige Jornalisten und sogar den Symbolfan „Bola Sete“.
Er ist ein Beispiel dafür, dass man in Brasilien sein Geld als Fan verdienen kann. Er präsentiert sich selbst, auf Grund seines Körperumfangs, als wandelnde Litfaßsäule. So gelingt es ihm Werbepartner zu überzeugen in zu sponsoren, wenn er in den Stadien auftritt. Gemeinsam mit einer Band war er schon bei der WM in Deutschland, den Panamerikanischen Spielen 2007 und er ist Stammgast bei der Beach-Soccer-WM. Sein neustes Projekt ist Lingerie-Fußball am Strand von Copacabana, wie er mir enthusiastisch erzählt.


In einer so überladenen Atmosphäre ist es schwierig für Aufmerksamkeit zu sorgen. Deshalb laden viele Stände ehemalige Fußballspieler ein, um für ihr Anliegen zu werben. Während meines Aufenthaltes auf der Soccerex machte besonders die Stadt Salvador auf sich aufmerksam. Sie organisierte eine kleine Show, bei der zunächst Bebeto interviewet wurde und im Anschluss gab es einen bizarren Auftritt einer Axé-Sängerin, die mit einem Roboter und den Pataxó-Indianern tanzte. Was für eine Mischung!


Die Soccerex wird also von den verschiedenen Anbietern genutzt, um sich im Rampenlicht der Sportgroßereignisse gut darzustellen und ihren Teil zu verdienen. Auch außerhalb des Messegeländes wird in einem Großteil der politischen und wirtschaftlichen Entscheidungen in Brasilien mit dem Argument „Großereignisse“ gehandelt.
Im brasilianischen Parlament wird im Moment diskutiert, wie die Royalties aus den landeseigenen Ölvorkommen verteilt werden sollen. Bisher wurden diese den Bundesstaaten zugesprochen, in denen das Öl gefunden wurde. Das nationale Parlament will die Royalties jetzt über das ganze Land verteilen. Dagegen stemmen sich natürlich die Ölförderer und einer der größten ist Rio de Janeiro.
Am Montag rief nun die Landesregierung von Rio zu einer Demonstration auf, um die Royalties für Rio zu verteidigen. Die Argumentationslinie dabei ist, dass Rio das Geld braucht, um WM und Olympia finanzieren zu können! In staatlichen Einrichtungen wurde ein Feiertag ausgerufen, um es den Beamten zu ermöglichen auf die Demonstration zu gehen. Es handelte sich also um eine staatlich organisierte, wenn nicht sogar verordnete, Demonstration. Nach Polizeiangaben kamen etwa 200.000 Menschen.


Schließlich gehört auch die Zukunft des Maracanã weiterhin zu den Tagesordnungspunkten. Auch die Verteidiger des  Maracanã nutzten die Aufmerksamkeit der Soccerex für mehrere Demonstrationen, zum Beispiel während des Besuchs der FIFA-Kommission im Stadion. Sie bekamen jetzt eine berühmte Unterstützung von dem Sänger Chico Buarque:


Die FIFA-Kommission ist inzwischen nach São Paulo weitergereist, denn dort wird am Wochenende die Auslosung für die Gruppen des ConFed-Cups stattfinden. Außerdem wurden auch schon heute die Bauarbeiten am dortigen Stadion begutachtet. Bei diesem Besuch scheint die Information über den neuen Nationaltrainer Felipão weitergegeben worden sein. 

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