Dienstag, 26. Februar 2013

Ballesterer: Brasilien



Die aktuelle Ausgabe des besten österreichischen Fußballmagazins der Welt „Ballesterer“ beschäftigt sich mit dem Schwerpunktthema „Brasilien“. Auch ich hatte die Ehre an dem Werk, mit einem Text über ein Fußballturnier der Indianer,  mitarbeiten zu dürfen. Der Kauf des Heftes sei also wärmstens empfohlen. Noch bis Anfang März ist die Ausgabe im Zeitschriftenhandel erhältlich. www.ballesterer.at


Ballesterer-Gründer Reinhard Krennhuber war in Rio de Janeiro und Salvador unterwegs und liefert ein Stimmungsbild aus dem Land des fünffachen Weltmeisters. Rekordweltmeister Brasilien bereitet sich auf die Heimweltmeisterschaft im Sommer 2014 vor. Stadien werden errichtet, das Verkehrsnetz und die Infrastruktur ausgebaut und auch das Nationalteam gleicht einer großen Baustelle und droht am Erwartungsdruck der Öffentlichkeit zu scheitern.
Ich nehme seine Einschätzungen als Vorlage auf und antworte auf einiger seiner Eindrücke. Reinhard beschreibt recht schön die Gefühlslage von Mitgliedern der sozialen Bewegungen. Dabei wird oft von diktatorischem Regierungsstil geredet, bei dem das Volk kein Mitspracherecht hätte. Sicherlich hat man oft das Gefühl, dass der Zwang der Deadline dazu führt, dass oft schnell, unüberlegt und nicht gerade demokratisch entschieden wird. Auf der anderen Seite haben gerade die Indianer im Indio-Museum (neben dem Maracanã) einen kleinen Sieg errungen, denn das Indio-Museum wird jetzt unter Denkmalschutz gestellt und nicht abgerissen.
Auch konnte Marcelo Freixo etwa 1.000.000 Stimmen bei der letzten Bürgermeisterwahl in Rio gewinnen. Sein Wahlprogramm war es die Unzufriedenen der Sportgroßereignisse für sich zu gewinnen. Seine fast 30% der Stimmen waren, aus meiner Sicht, ein deutliches Zeichen für die Regierung. Ich halte das Gerede vom diktatorischen Regierungsstil für ziemlich überzogen. Brasilien ist eine gut funktionierende Demokratie. Die Sportgroßereignisse sind oft eine Last für die Bevölkerung, aber pauschalisierende Meinungen, wie „Alles ist super“ oder „Alles ist Scheiße“ beschreiben natürlich nicht ausreichend die Realität.



Das bezieht sich auch auf die Aussage eines Aktivisten zu den „Gratisstudien“ für Reiche. Das ist nicht falsch, aber auch nicht ganz richtig, denn seit ein paar Jahren gibt es ein Quotensystem für sozial Benachteiligte. Ich würde diese Aussage des Aktivisten auch hinterfragen: Was genau hat das Studiensystem mit einer WM zu tun? Worauf stützt sich die Erwartung, dass Unis wegen einer WM verbessert werden? Das erscheint mir nicht logisch. Ganz abgesehen davon, dass ich als Lehrbeauftragter sagen, kann, dass es Defizite gibt, aber es wurde in den letzten Jahren extrem in die Unis investiert.


Schließlich das ewige Thema der Fangewalt: Nicht nur in Brasilien, sondern auch in vielen europäischen Ländern wird dieses Thema völlig überzogen. In Brasilien gibt es eine höhere Kriminalitätsrate, als zum Beispiel in Deutschland, das gilt für innerhalb und außerhalb der Stadien. Ich würde sogar sagen, dass heutzutage Stadien ein sehr sicherer, da sehr bewachter Ort sind. Aber jede Kleinigkeit, die im Stadion passiert wird von einer Hundertschaft von Journalisten beobachtet, die über irgendwas berichten müssen.
Kurios ist, dass man in den verschiedenen Bundesstaaten Brasiliens auf diese Frage verschieden reagiert. Die schärfsten Regeln dürften heutzutage in São Paulo gelten, wo Fanklubs tatsächlich oft nicht mehr mit ihren Fahnen ins Stadion kommen (Wie im Bericht beschrieben). São Paulo gibt es auch eine, von der Polizei ausgestellte, ID-Karte für Fanklubmitglieder. Viele Fans wollten sich natürlich nicht in dieser „Big Brother“ Art registrieren lassen. Als man alle anderen Zuschauer auch registrieren wollte, gab es einen Aufschrei. Die Mittel- und Oberschicht wollte das natürlich nicht mit sich machen lassen.


Mehr:

Keine Kommentare: