Samstag, 11. Mai 2013

Mesquita – Tigres, 0:1



Es ist gerade etwas schwierig in Rio de Janeiro Fußballspiele zu sehen. Die erste Liga der Riomeisterschaft endete frühzeitig, da Botafogo schon in der ersten und zweiten Phase gewonnen hat und somit ein Finale hinfällig wurde. In der zweiten und dritten Liga finden Spiele statt, aber so gut wie alle Stadien sind fürs Publikum gesperrt. Ich habe mich dann für das Spiel von Mesquita FC in der gleichnamigen Stadt in der Peripherie von Rio de Janeiro entschieden. Ich wusste, dass ich mit meinem Journalistenausweiß Zugang haben würde.


Mesquita (wörtlich Moschee) liegt in der Baixada, dem Flachland, wie die Peripherie von Rio genannt wird. Mit dem Zug ist man etwa eine Stunde unterwegs. Wie viele dieser Städte, so ist auch Mesquita schachbrettartig aufgebaut. Ich hatte mich vorher auf Google Maps informiert und zählte die Straßen ab dem Bahnhof: sieben parallel zur Zuglinie und dann fünf nach links. Ein typisches Bild der Vororte sind die Herren, die am Wochenende ihr Auto auf der Straße pflegen. Ein anderes sind Pferde auf der Straße. Ich sehe eins direkt am Stadion Louzadão.
Das Stadion macht tatsächlich einen bedauernswerten Eindruck, ich kann verstehen, warum es für das Publikum gesperrt wurde. Ich klopfe am Eingangstor und prompt öffnet mir Juca, der Vizepräsident, und lässt mich ein. Der Innenraum ist noch erschreckender. Große Teile des Stadions sind unverputzt, es scheint, als ob Teile der Tribüne eingebrochen sind und der Draht für die Wasserpumpe der Sprinkleranlage führt quer über die Tribüne.  


Juca ist total begeistert einen deutschen Zuschauer zu haben. Er erklärt mir, dass er mehr als nur ein Vizepräsident ist, der nur im Raum mit der Klimaanlage sitzt. „Ich kümmere mich auch um den Rasen.“ Dann stellt er mir Marcelo Tiola vor, den er den „Investor“ nennt. Marcelo ist der Chef der Motorenfabrik Cariêllo, die einziger Sponsor des Vereins ist. „Ich mache das aus Liebe zum Verein und nicht für Spielerberater oder andere Leute, die den Fußball in den Dreck ziehen.“, nimmt er eine Standortbestimmung vor.


Marcelo ist eigentlich aus dem Nachbarort Nova Iguaçu, aber er war Profispieler bei Mesquita FC. „Es ist schade, dass die Stadt oder andere lokale Unternehmen nicht in den Fußball investieren.“, führt er ein mir allzu bekanntes Klagelied fort. Der Mesquita FC besitzt zwar neben dem Stadion noch eine Vereinsanlage mit Sporthalle und Schwimmbad, aber er versteht sich in erster Linie als Profifußballklub und nicht als gemeinnütziger Verein. In Brasilien sind alle im nationalen Verband CBF organisierten Klubs Profivereine, wenn sie ihren Spielern auch meist Hungerslöhne zahlen. Der Amateursport muss sich selbst organisieren.


Ohne Hilfe der großen Vereine ist der Überlebenskampf der Kleinen hart. Da bleibt kein Geld für die Stadionrenovierung. So wird das Stadion gesperrt, die Zuschauer bleiben aus und es bricht eine dringend benötigte Einnahmequelle weg. Die Katze beißt sich in den Schwanz.
Der Mesquita FC wurde bereits 1920 gegründet und hat somit eine reiche Geschichte. Aber die Gegenwart sieht bitter aus, denn Mesquita muss durch die zweite Liga Rios tingeln. Der heutige Gegner ist Tigres aus Duque de Caxias, das aktuelle Schlusslicht. Doch schon nach drei Minuten heißt es nach einem katastrophalen Abwehrfehler, bei dem sich der gegnerische Stürmer gegen fünf Abwehrspieler durchsetzen konnte, 1:0 für den Gast. Kurz darauf setzt Mesquita einen Ball an die Latte. Danach ist das Spiel eigentlich gelaufen. Der Platz ist fürchterlich und der Ball verspringt ständig. An einen normalen Spielaufbau ist nicht zu denken und so endet das Spiel nach absolut grauenhaften 90 Minuten auch 1:0.


Ich gehe zurück zum Bahnhof. Gleich an der nächsten Haltestelle in Edson Passos steigen die, um einiges besser gelaunten, Fans von America zu, denn ihr Verein hat 2:1 gewonnen. Laute Diskussionen über Rios Zweitligafußball beherrschen von da an den Zug bis zum Hauptbahnhof im Zentrum.

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