Montag, 3. Juni 2013

Brasilien – England, 2:2


So jetzt bin ich wieder zurück in der warmen Sonne Rio de Janeiros. Schon im Flugzeug begleiteten mich mehrere Brasilienfans und eine finnische Heavy Metal Band. Sonntagnachmittag stand das Freundschaftsspiel Brasilien – England an, um das Maracanã offiziell einzuweihen. Es handelt sich um die letzte Feinabstimmung vor dem Confed Cup und so wurde auch organisatorisch ein Testlauf gemacht. Am Donnerstag entschied aber erst mal eine Richterin, die Durchführung des Spiels, aus angeblichen Sicherheitsmängeln, zu verbieten. Diese Entscheidung wurde natürlich umgehend wieder gekippt. Es erinnert ein wenig an die Panikmache von Stiftung Warentest vor der WM 2006.


Für das Spiel wurde das Verkehrsleitsystem rund um das Maracanã komplett umgestellt. Alle angrenzenden Straßen wurden gesperrt und mit Parkverbot belegt. Schon ab den angrenzenden U-Bahnstationen wurden Wegweißer und Volontärs installiert. Die Brasilianer werden darauf eingestimmt, was sie bei der WM erwartet.


Da ich noch meine Akkreditierung abholen musste und das kann bei solchen Events dauern, kam ich schon etwa zwei Stunden vor dem Spiel an. Es war schon viel los. Lustig sind bei Länderspielen die vielen verkleideten Fans, die um die Aufmerksamkeit der Kameras buhlen. Nur eine einzelne Person protestiert gegen die Spiele. Aber der große Teil der Zuschauer bei einem Länderspiel Brasiliens kommt aus der Mittel- und Oberschicht und reist oft in organisierten Touren an. Von der lebendigen Fankultur der normalen Ligaspiele ist da wenig zu sehen.


Die Akkreditierung erfolgt, wie bei WMs, mit Passkontrolle, Lichtbild und Ausweißanfertigung. So bewaffnet gehe ich zum Presseeingang, an dem alle Taschen, wie am Flughafen, durch Röntgenstrahlen untersucht und Metalldetektoren aufgestellt wurden. Normale Zuschauer mussten ein ähnliches Prozedere über sich ergehen lassen. Wie bei WMs durchliefen sie den dreistufigen Zugang: 1. Nur Eintrittskarte vorzeigen, 2. Sicherheitskontrolle (es gab extra Eingänge für Personen mit großen Taschen) und 3. Kartenkontrolle. Das klappte anscheinend ganz gut.
Übrigens: das Stadion ist architektonisch sehr schön und so gut wie fertig. Selbst die Anfahrtswege sahen sehr gut aus. Man könnte jetzt alle Toiletten durchsuchen, ob jetzt auch überall Papier ist, aber das halte ich für übertrieben. Die Pressetribüne ist riesig und wir bekamen Platzkarten zugewiesen.


So ein Länderspiel ist auch immer ein Stelldichein der Prominenz. Ich sah den Ex-Präsidenten Fernando Henrique Cardoso mit dem zukünftigen Präsidentschaftskandidaten seiner Partei Aécio Neves. Außerdem erkannte ich den CBF-Präsidenten Jose Maria Marin, seinen Stellvertreter Marco Polo del Nero, den Vizegoverneur von Rio de Janeiro Pezão, den Governeur von Brasilia Agnelo Queiroz, Ronaldo und den Marqueteiro Washington Olivetto. Angeblich war das Spiel mit 66.000 Zuschauern ausverkauft, aber wie so oft tun sich, gerade in der Gegengerade, Lücken auf.


Die Fans aus England bekamen einen eigenen Block und hängten wie so oft ihre Fähnchen im ganzen Stadion auf. Das neue Stadion hat ein potentes Soundsystem, dass jegliche Fanmanifestation platt drückt. Als dann das Spiel endlich begann trat plötzlich eine bedrückende Stille ein. Das liegt auch daran, dass das Publikum der Seleção einfach keine Lieder kennt, außer „Brasil, Brasil“ und „Sou brasileiro com muito orgulho e muito amor“. Wenn sich dann die Engländer manifestierten, fiel den Brasilianern nichts Besseres ein, als zu buhen. Ganz entgegen des landläufigen Vorurteils, ist das brasilianische Publikum ganz und gar nicht feurig und emotional.


Das Spiel war ziemlich schlecht. Die Engländer praktizierten eine doppelte Viererabwehrkette und zeigten sich von einer schlechten Seite. Das eigentlich Bedenkliche für Brasilien ist, dass sie nicht einmal diese schlechte englische Mannschaft bezwingen konnten. In der zweiten Halbzeit erzielte zunächst Fred das 1:0 per Abstauber, dann gelang es den Engländer völlig überraschend das Spiel zu drehen. Rooneys Tor war ziemlich Klasse. Zum Schluß konnte Paulinho dann doch noch für die Hausherren ausgleichen und das Maracanã wurde gelb und grün beleuchtet.

Damit hat Nationaltrainer Felipão jetzt in sechs Spielen nur einmal gewonnen, einmal verloren und viermal unentschieden gespielt. Dreimal hieß das Ergebnis 2:2. Dafür hätte man auch Mano Menezes behalten können. Organisatorisch war das Testspiel ein Erfolg, die Architektur wurde auch positiv benotet. Die Mannschaft muss aber erst noch zu sich finden und die Fans sind ein Bluff. Die sollten mal Gesangsstunden nehmen.

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