Samstag, 22. Juni 2013

Pressekonferenz Felipão

Das interessanteste Ereignis am spielfreien Freitag war die Pressekonferenz der brasilianischen Nationalmannschaft. Heute, Samstag, wird Brasilien gegen Italien im Fonte Nova Stadion in Salvador. Ich werde jedoch nach Recife weiterreisen. Wegen dem letyten Gruppenspiel sprachen die Spieler Dani Alves und Hernanes und der Trainer Felipão mit der Presse.


Die Spieler waren nicht sehr interessant. Gleich die erste Frage eines BBC-Journalisten bezog sich auf die aktuellen Demonstrationen. Dani Alves antwortete darauf nur, dass er sich nicht zu politischen Themen äußern möchte. Eine Pressekonferenz wäre nicht der Platz dafür.  Danach kamen sehr langweilige Einschätzungen zum Spiel Brasilien - Italien.
Aber mein neues Lieblingsprogramm sind Pressekonferenzen von Felipão, der nach seinen Spielern die Bühne betrat. Wie immer ist er eine Art gutgelaunter Grantler, der auch gerne mal die Journalisten direkt anspricht und Witze mit ihnen macht. Es ist klar, dass er sich in seinem Element befindet und wohl fühlt.
Gleich zum Auftakt erklärt er selber im Bezug auf das Training der Seleção in Fortaleza, bei dem er die Tore öffnen ließ, um ein paar Fans ins Stadion zu lassen: „Wir wurden dafür von der FIFA aufs Schärfste zurechtgewiesen, deswegen wird sich so ein öffentliches Training nicht wiederholen. Es ist mir wichtig, dass sie schreiben, dass das eine Bitte der FIFA und nicht der Seleção ist. Ich möchte vermeiden, dass uns vorgeworfen wird, wir wären volksfern.“ Die Aussage war wahrscheinlich politischer, als es auf den ersten Blick aussieht, denn das Verhalten der FIFA ist einer der wichtigsten Kritikpunkte der Demonstranten. Somit verstärkt er das autoritäre Bild der FIFA.


Es folgten mehrere Fragen zu den aktuellen Demonstrationen, die Felipão eigentlich nicht beantworten wollte, da es nicht sein Metier sei: „ Ich werde mich um meine Aufgaben, also den Erfolg der Seleção kümmern. Die Politiker sollen sich mit der Politik beschäftigen. Ich will ja schließlich auch nicht, dass Politiker die Nationalmannschaft aufstellen.“ Damit bezog er sich auf ein berühmtes Zitat des ehemaligen Nationaltrainers Saldanha, der damals der Militärdiktatur (1969) entgegenhielt: „Der Präsident stellt das Kabinett auf und ich die Nationalmannschaft.“
Trotzdem konnte er sich nicht zurückhalten und sagte in einem anderen Moment: „Wir Alle wollen ein Land mit Gerechtigkeit. Das gilt auch für die Leute in der Politik. Wir dürfen niemanden kreuzigen. Wir müssen gemeinsam für ein besseres Land arbeiten. Ich mache hier meinen Teil und glaube daran, dass Veränderungen möglich sind. Ich bin immer Optimist. Aber Veränderungen sind nicht immer möglich und nicht immer so schnell, wie wir es gerne hätten. Aber in 10 oder 15 Jahren wird Brasilien besser als heute sein.“


Dann wurde er gefragt, ob er es den Spielern verboten hätte über die Demonstrationen zu sprechen. Darauf antwortete Felipão: „In unserer Seleção haben alle die Freiheit sich zu äußern. Es wird niemandem der Mund verboten. Aber jeder muss auch zu seinen Haltungen stehen. Es darf nur nicht über Interna gesprochen werden. Aber bisher haben sich alle 100% korrekt verhalten.“
Schließlich kam noch eine Frage zum Thema eines Turniers im eigenen Land, auf die Trainer normaler Weise antworten, dass es ein großartiges Gefühl wäre. Nicht so Felipão: „Es ist fürchterlich für die Spieler. Sie sind in ihr Hotel eingesperrt. In anderen Ländern könnten sie hin und wieder an den Strand gehen, aber in Brasilien würden sie sofort erkannt werden. Das ist eine schwierige Situation.“
Außerdem gab er auf die Frage eines italienischen Journalisten hin zu, dass er nach der WM 2002 Kontakte zum italienischen Verband hatte und beinahe Trainer der italienischen Nationalmannschaft geworden wäre, wenn der portugiesische Verband nicht schneller gewesen wäre. Zur WM 2018 sieht er sich im Übrigen erneut in einer Trainerposition, aber nicht bei der brasilianischen Nationalmannschaft. Schließlich wurde er noch gebeten sich mit Parreira zu vergleichen. „Parreira ist so nett und gut erzogen, das schaffe ich gar nicht.“ Die Lacher hat er da auf seiner Seite.
Vom Fonte Nova Stadion gingen wir zum Restaurant „Boteco do França“ in Rio Vermelho. Es war sensationell! Wir hatten Krebs als Vorspeiße, dann Oktopus-Risotto und den Fischeintopf Moqueca, schließlich eine Schokoladentorte. Bis heute diskutieren wir welches Gericht das beste war.



Am Abend gab es auch eine Regierungserklärung der Präsidentin Dilma Rousseff. Sie ging auf die Demonstrationen ein und lobte sie als demokratisches Mittel der politischen Teilnahme, verurteilte aber Gewalt und Vandalismus. Der einprägendste Satz war: „Ich höre euch!“ Damit ging sie den Dialog ein und zeigte auch Bescheidenheit. Es wurden Maßnahmen für Transport, Gesundheit und Bildung angekündigt. Außerdem will sie sich mit den Führern der Protestbewegung treffen. Frau Rousseff schloss mit den Worten ab: „Brasilien ist das einzige Land, dass an allen WMs teilgenommen hat. Immer wurden die brasilianischen Fans freundlich empfangen. Ich bitte euch darum jetzt auch unsere Gäste gut zu empfangen.“ Für heute sind trotzdem wieder Großdemonstrationen angekündigt. 

Keine Kommentare: