Dienstag, 29. April 2014

Stadionsnacks im WM-Land Brasilien

Bei dem folgende Text handelt es sich um einen Gastbeitrag von mir, der auf: http://www.calcio-culinaria.de/ erschienen ist. Guten Appetit!


Wer durch Brasiliens Straßen schlendert oder in einer Eckkneipe ein Bier trinkt kennt die Salgadinhos. Es handelt sich um kleine salzige Snacks, wie Teigtaschen, Pasteten oder Bällchen, für den kleinen Hunger zwischendurch, die von den Portugiesen erfunden wurden. Das Erbe der Kolonialherren übt weiterhin großen Einfluss auf die Kultur ihrer ehemaligen Kolonie aus. Eines der bekanntesten Salgadinhos ist „Bolinho de Bacalhau“, also Kabeljaubällchen, die aus einer frittierten Stockfisch-Kartoffel-Masse gemacht werden.


Diese Salgadinhos eignen sich perfekt als Stadionsnack, denn sie können in großen Mengen vor dem Spiel hergestellt werden und in den Stadionkneipen warm gehalten werden. Für den Fan sind sie dann ein perfekter Snack zum Bier. Somit verwundert es nicht, dass man die Salgadinhos in allen Stadien Brasilien findet. Ein absoluter Stadionklassiker dieser Salgadinhos ist in Rio „Coxinha de Galinha“, Hähnchenschlegel. Seine Entstehungsgeschichte ist, dass früher tatsächlich Hähnchenschlegel paniert und frittiert und dann verkauft wurden. Später versuchte man günstigere Versionen zu produzieren, deswegen wurde begonnen nur wenig Fleisch in einer Kartoffelmasse zu frittieren. Diese hat bis heute die Form eines Hähnchenschlegels. 


Aber leider habe ich noch nie wirklich gute Salgadinhos in einem Stadion gegessen. Scheinbar tut ihnen die lange Ruhezeit nicht gut. Frisch frittiert sind sie einfach besser. Außerdem werden in den neuen WM-Stadien die alten Kneipenbesitzer gegen neue gesichts- und geschmacklose Imbissketten ausgetauscht. Ein weiteres Problem in Zeiten der Megaevents ist, dass zurzeit ein Alkoholverbot in brasilianischen Stadien herrscht. Wie soll denn bitte ein fetttriefendes Kabeljaubällchen ohne Bier schmecken?


Wer in Rio de Janeiro richtig gute Salgadinhos probieren möchte, dem seien in der Nähe des Maracanã die „Botequins“ (Kneipen) „Gato de Botas“ (Rua Torres Homem) und „Aconchego Carioca“ (Rua Barão de Iguatemi), empfohlen. Wer mehr Zeit hat, der sollte eine Fähre nach Niteroi nehmen und dort die Kneipe „Caneco Gelado do Mario“ (Rua Visconde de Uruguai) besuchen. Besitzer Mario macht die besten Kabeljaubällchen und Krebspasteten (Pastel de Siri) Rios, Brasiliens, der Welt.



Außer den Salgadinhos gibt es in manchen Gegenden Brasiliens aber regionale Spezialitäten, die vom Stadionbesuch nicht wegzudenken sind. Ich möchte im Folgenden die drei berühmtesten vorstellen.
Da ist erst einmal das Schweinshaxensandwich in São Paulo. Traditionell stellen die Verkäufer ihre Zelte oder Imbisswagen in den Zufahrtsstraßen vor den Stadien auf. Ihr größter Verkaufsschlager sind die Schweinshaxen, die schon vorgebraten wurde. An Spieltagen legen die Verkäufer diese dann im Ganzen auf die Theke und schneiden bei Bestellung dünne Scheiben ab. Diese Scheiben werden dann auf einer heißen Platte erhitzt und in einem Brötchen gereicht. Das Sandwich kann mit Käse, Salat und Saucen angereichert werden. Leider werden die Verkäufer zunehmend aus dem Stadionumfeld vertrieben.


In der WM-Stadt Belo Horizonte ist „Feijão Tropeiro“ ein fester Teil des Stadionbesuchs. Diese Mischung aus Bohnen, Maniokmehl, Kohl und Speck wird oft mit Reis, Steak und einem Ei angeboten. Traditionell wird der „Tropeiro“ direkt in den Stadionkneipen verkauft. Die FIFA wollte den „Tropeiro“-Verkauf während der WM verbieten. Das führte aber zu so starken Reaktionen in der lokalen Bevölkerung, dass der Verkauf gesichert ist. Übrigens kostet eine Portion weiterhin sozialverträgliche R$10 (€3). „Tropeiros“ waren die Goldtransporter in der Kolonialzeit, die die Zutaten dieses Gerichts mit sich schleppten und so „Feijão Tropeiro“ erfanden.


Die deutsche Nationalmannschaft wird ihr Auftaktspiel in Salvador haben. Salvador ist neben Belo Horizonte und Belém (das leider keinen WM-Zuschlag bekam), eine von drei kulinarischen Hauptstädten Brasiliens. Die stark von afrikanischen Einflüssen bestimmte regionale Küche ist eine der Sensationen Brasiliens. Aushängeschild sind die Bohnenbällchen Acarajé, die auch in den Stadien verkauft werden. Die Bohnenbällchen werden frittiert und dann halbiert. Daraufhin bekommen sie eine Füllung aus der Okrapaste Carurú, der Erdnusscreme Vatapá, getrockneten Garnelen, Tomaten, Zwiebeln und Chili. In Salvador ist der Chili viel schärfer als in anderen Gegenden Brasiliens und kann auch abgelehnt werden. Auch hier wollte die FIFA den Verkauf während der WM verbieten und erntete starken Wiederstand, so dass Acarajés jetzt erlaubt sind.



Die brasilianische Küche ist insgesamt sehr reichhaltig, interessant und hochwertig. Ehrlich gesagt können die Stadionimbisse dieses Qualitätsniveau meist nicht halten. Man muss sich dann halt ein Restaurant suchen und dort auf Entdeckungsreise gehen. Es lohnt sich!

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